„Es war unbegreiflich.“ – Ein Zeitzeugengespräch mit dem ehemaligen DDR-Zehnkämpfer Stefan Schreyer über die Olympischen Spiele 1972 in München
Gotha, den 08. April 2014
München, 05. September 1972, der wohl schlimmste Tag in der Geschichte Olympias. Heitere Spiele sollten es werden, doch sie wurden von einem tragischen Ereignis überschattet. In den frühen Morgenstunden überfiel eine palästinensische Terrorgruppe namens „Schwarzer Freitag“ im Olympischen Dorf die israelische Mannschaft. Das Attentat endete in einem furchtbaren Blutbad. Der DDR-Sportler Stefan Schreyer erlebte das einschneidende Ereignis hautnah mit. Seine Erlebnisse stellte er am Dienstag, dem 8. April 2014, Schülern zweier zehnter Klassen der KGS Herzog Ernst bei der Informationsveranstaltung einer Seminarfachgruppe eindrucksvoll vor.
Das zweistündige Zeitzeugengespräch hatten die Elftklässler Franziska Funke, Michelle Hornschuh, Paul F. Kelbert und David Kern im Rahmen ihrer Seminarfacharbeit mit dem Thema „Das Attentat bei den Olympischen Spielen in München 1972 – Olympia zwischen sportlichem Höhepunkt und Austragungsort politischer Interessenskonflikte“ organisiert. Dabei reflektierte Stefan Schreyer seine Erfahrungen, die er bei den Olympischen Spielen von München gesammelt hatte, und stellte sich den Fragen seiner Zuhörer: „Ich war frustriert und konnte es nicht fassen. Der Tote vor der Tür schockte mich. Es war unvorstellbar, dass überhaupt jemand Waffen besaß und dass Menschen erschossen worden waren.“, lautete Schreyers Antwort auf die Frage, wie er sich im Moment nach dem Anschlag gefühlt habe. Er hatte die israelischen Sportler im gemeinsamen Speisesaal kennengelernt und mit sich mit ihnen unterhalten – fast alle konnten Deutsch. Des Weiteren berichtete er: „Alle gingen zur Trauerfeier, nur wir durften nicht an ihr teilnehmen, da uns DDR-Sportlern der Kontakt mit den Israelis und Menschen aus dem kapitalistischen Ausland untersagt war.“ Für die aufmerksamen und beeindruckten Zuhörer entstand ein interessantes Bild von der Zeit des Kalten Krieges, vom deutsch-deutschen Verhältnis, vom Alltagsleben in der DDR und deren Sportförderung sowie der Sportentwicklung seit der Wende aus der Sicht des früheren Athleten, das ihr Wissen in vielfältiger Weise bereicherte.