Es waren Säuglinge, Kinder, Schüler, Jugendliche, Frauen und Männer, deren Schicksale zu den schlimmsten der Geschichte zählten. Mit diesen Schicksalen wurden die Neunt- und Elftklässler im Rahmen des Geschichtsunterrichts konfrontiert, also sie am Freitag, dem 8. Oktober 2021 die Ausstellung „Geboren in Auschwitz“ im Tivoli besuchten. Ergänzt wurde der Rundgang durch einen Vortrag von Alwin Meyer (geb. 1950), der die Ausstellung gestaltet hatte.
Seit 1972 sucht Meyer nach Menschen, die als Kinder oder Jugendliche Opfer des Holocaust und in das KZ Auschwitz-Birkenau verschleppt wurden. Bis heute fand er 80 Betroffene, die während ihrer Kindheit die Grausamkeiten des Massenvernichtungslagers am eigenen Leibe erfuhren. Meyer sieht es als seine Lebensaufgabe, die tragischen Lebensgeschichten der „Kinder von Auschwitz“ vor der Vergessenheit zu bewahren.
Bereits vor dem Vortrag über die „Kinder von Auschwitz“ machte sich eine bedrückte Stimmung breit. Viele Schüler versetzten bereits die Inhalte der Ausstellungstafeln in tiefstes Entsetzen. Als der Vortrag begann, setzte eine absolute Stille ein. Alwin Meyer berichtete über Kinder, welche „den Tod besser als das Leben kannten“. Zwischen 1940 und dem 27. Januar 1945, dem Tag der Befreiung des Lagers, wurden durch die Nazis ca. 1,3 Millionen Menschen nach Auschwitz-Birkenau verschleppt. Von diesen waren rund 232.000 Kinder und Jugendliche im Alter von bis zu 17 Jahren. Nur 750 von ihnen konnten am 27. Februar 1945 gerettet werden.
Eines von diesen Kindern war Jürgen Loewenstein. Als er verschleppt wurde, ahnte er nicht, was mit ihm geschehen sollte. Er sagte später: „Damals hörte meine Kindheit auf. Ich war noch keine acht Jahre.“ Mit ihm teilten viele das gleiche Schicksal, für welche die „Zeit des Spielens und Lesens endgültig vorbei war“. Alle diese Kinder überlebten zwar Auschwitz, verloren jedoch meist Eltern, Geschwister oder sogar ihre gesamte Familie verloren. Es waren tiefe Narben, welche Auschwitz bei diesen Kindern hinterließ. Es ist erstaunlich und bewundernswert, dass viele dieser Kinder wieder neuen Mut fanden – sie „lernten zu leben, vergaßen Auschwitz aber nie“.
„Ja, uns hat es gegeben. Vergesst uns nicht!“
Die Schüler konnten, was sie da hörten, kaum fassen. Dass der Vortrag auf großes Interesse stieß, bewies die darauffolgende Gesprächsrunde. „Dieses Leid, dieses unvorstellbare Elend ist unbegreiflich“, äußerte ein Schüler. Eine Mitschülerin, welche bereits in der Ausstellung sehr betroffen, sprach tief berührt: „Stell dir vor, du hast so eine Kindheit, das muss unbeschreiblich schrecklich sein. So etwas darf nie wieder passieren.“
Viele waren sprachlos. Viele waren erschrocken. Alle aber waren tief ergriffen.
Pascal Paetsch (16), Schüler der KGS Herzog Ernst