Die Bilder von gestrandeten Flüchtlingsbooten oder gar von Menschen, die bei der Flucht ums Leben gekommen sind, sowie von überfüllten Flüchtlingslagern sind in trauriger Regelmäßigkeit in den Nachrichten zu sehen. Gerade in den letzten Jahren stieg durch Kriege und Konflikte, aber auch durch eine unzureichende wirtschaftliche und soziale Entwicklung in einigen Weltregionen die Zahl der Menschen, die in Europa Asyl und Zuflucht suchen, wieder an. In jüngster Zeit kam es deshalb auf europäischer Ebene, aber auch Bundes- und Landesebene zu verschiedenen Flüchtlingsgipfeln. Durch die Schaffung des Schengen-Raums, in dem nationale Grenzkontrollen weitestgehend abgeschafft sind, ist das Thema Migration zu einer gemeinsamen Aufgabe der Europäischen Union geworden.
Als Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten debattierten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 11S bei einem Krisengipfeltreffen über einen gerechten Verteilungsschlüssel der Europäischen Mitgliedsstaaten und über die Sicherung der EU-Außengrenzen. Bereits in den ersten Redebeiträgen der Schüler wurde deutlich, dass einige Nationalstaaten Probleme und Herausforderungen im eigenen Land befürchten. Andere Politiker legten Wert auf die humanitäre Seite der Asyl- und Flüchtlingsproblematik, welche aus ihrer Sicht nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Menschen aus anderen Ländern zu helfen, die vor Krieg, Gewalt oder Unterdrückung in ihrer Heimat geflüchtet sind, ergibt sich aus den Prinzipien und Fundamenten der Europäischen Union. In den Kurzreden der Regierungschefs und der anschließenden Debatte wurden die großen Spannungsfelder der europäischen Politik und der nationalen Interessen deutlich. Einige Staaten, wie Ungarn und Polen verweigerten im Planspiel jegliche Kooperation und die Solidarität mit südeuropäischen Staaten. Andere Redner wollten die Probleme in den Herkunftsländern bekämpfen und ein weiterer Teil der Mitgliedsstaaten sahen in der Migration eine Bereicherung. In den Entscheidungen des Gipfeltreffens machten die Schülerinnen und Schüler deutlich, dass die bisherige Politik der Europäischen Union den aktuellen Entwicklungen nicht mehr gerecht wird. In ihrer Erklärung verabschiedeten sich die Staats- und Regierungschefs von der bisherigen „Dublin-Verordnung“ und einigten sich auf einen Verteilungsschlüssel, welcher für alle bindend ist. Dieser Schritt verlangte von einigen Staaten große Zugeständnisse, sodass manche Mitglieder der Europäischen Union in ihren Pressestatements von einer Niederlage sprechen mussten.
Schlagzeilen über die Flüchtlingskrise erreichen den Schüler fast täglich und doch scheinen sie für den Einzelnen in weiter Ferne. Für die Schüler der Klasse 11S wurden diese Nachrichten zu einer realen Herausforderung. Sie mussten nun die komplexen Entwicklungen der internationalen Politik selbst in die Hand nehmen. Schnell wurden die sonst so fernen Probleme der Politik zu den Problemen der „eigenen Region“ und „der eigenen Weltpolitik“. Als die Schüler nach einem langen und intensiven Spieltag die Geschicke „ihrer Welt“ wieder abgeben mussten, blieb für alle Teilnehmer die Erkenntnis, dass europäische Politik oft ein schwieriges Geschäft ist, von vielen Einflüssen abhängt und man die Welt doch nach seinen Interessen verändern kann. Die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen in einem anderen Teil dieser Welt können sich unmittelbar auf das eigene Leben auswirken.