Der Start unserer ersten Tabletklassen im Jahr 2015 ist mittlerweile lange her. Allerdings ist nicht nur viel Zeit vergangen, sondern mit dem Ausbruch von Corona im Jahr 2020 und der damit verbundenen Schulschließungen auch ein einschneidendes Erlebnis, welches die Sicht auf die Verwendung mobiler digitaler Endgeräte in der Schule von Grund auf veränderte. Die Pandemie diente diesbezüglich regelrecht als Brandbeschleuniger in Bezug auf das Roll-Out von Tablets und Notebooks. Kurz zuvor hatte auch die Politik mit dem 1. Digitalpakt für Schulen die Notwendigkeit zur Einführung digitaler Strukturen für einen zeitgemäßen und modernen Unterricht erkannt und durch entsprechende finanzielle Zuschüsse einen wichtigen Anschub geleistet. Mit der Einführung der Thüringer Schulcloud stellte das Land Thüringen 2020 für alle Schulen Thüringens ein wichtiges und grundlegendes Werkzeug für digitalen Unterricht zur Verfügung.
Unsere erste Tabletklasse, damals noch mit dem Namenszusatz T für Tabletklasse absolvierte 2019 erfolgreich das Abitur. Die erste und auch einzige Klasse, die nicht in ein MDM (Mobile Device Management) eingebunden war. 2017 startete dann unsere zweite Tabletklasse bereits mit gemanagten Geräten (damals zuludesk, heute jamf). Die Verwendung eines MDM war unsere erste Konsequenz aus der Evaluierung der Lernprozesse mit Tablets. Neben der Steuerbarkeit der Tablets brachte die Einführung des MDM auch zwei verschiedene Betriebsmodi der Tablets mit sich, den Schulmodus und den Heimmodus. Im Schulmodus stehen nur die im schulischen Kontext stehenden Apps auf den Tablets zur Verfügung, während im Heimmodus auch private Apps verwendet werden können. Da unsere Tabletklassen sich auf Basis elternfinanzierter Geräte gründen, konnte dadurch sowohl den Wünschen der Eltern auf frei bedienbare Geräte, als auch den Anforderungen der Schule im Lernprozess entsprochen werden.
2015, 2016 und 2017 bereiteten wir unsere Kolleginnen und Kollegen in sogenannten Kernteams auf den Einsatz in den Tabletklassen vor. Im wöchentlichen Rhythmus wurden Grundlagen im Umgang mit den Geräten vermittelt, Unterrichtsideen erarbeitet und Erfahrungen ausgetauscht.
Die Einführung des Stiftes (Pencil) für unsere 2019-er Tabletklasse revolutionierte die Verwendung der Tablets im Unterricht. Analoge Hefter wurden durch digitale Aufzeichnungen ersetzt. Von diesem Zeitpunkt an hatten die Schülerinnen und Schüler alle Hefter jeden Tag dabei und mit fortschreitenden Schuljahren auch die Aufzeichnungen früherer Klassen. Dies führte dann auch zum Erreichen eines unserer Visionen des Projektes, eine spürbare Erleichterung des Ranzens. Über die Jahre konnten immer mehr digitale Lizenzen für Schülbücher bereitgestellt werden. Aktuell sind insgesamt 8 Bücher in der Jahrgangsstufe 7 digital verfügbar.
2019 wurde zunächst erst für Thüringer Pilotschulen, später 2020 für alle Schulen Thüringens die Thüringer Schulcloud (TSC) zur Verfügung gestellt. Die Speicherung des digitalen Inhaltes erfolgte bis 2020 auf einer innerhalb unserer Schulinfrastruktur bereitgestellten Cloud, später wechselten wir auf die TSC.
Mit dem Digitalpakt wurde 2021 jedem Lehrer ein Lehrerdienstgerät zur Verfügung gestellt. Für unser Kollegium waren dies iPads, die sich optimal in die bereits etablierte digitale Infrastruktur der Schule integrieren ließen. Von essentieller Bedeutung war insbesondere die Steuerungsmöglichkeit der Schülergeräte mit Hilfe der Lehrerdienstgeräte.
Zu Beginn des Projekts im Jahr 2015 wurden die Geräte und die notwendige Infrastruktur unter Genehmigung des Schulverwaltunsamtes von Herrn Bergner und Herrn Schwan aufgebaut und auch betreut. Hohe Verfügbarkeit und einfache Bedienung waren und sind Schlüsselfaktoren für die Akzeptanz digitaler Geräte. Kaputte PCs, fehlender Internetzugang und lange Wartezeiten bei Reparaturanfragen waren häufig genannte Gründe der Ablehnung neuer Medien seitens des Lehrpersonals. Die einfache Bedienung leitet sich bereits aus der gleichartigen Bedienung von Smartphones ab, die häufig bereits durch Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrerinnen und Lehrer genutzt wurden. Sollte mal ein Gerät kaputt gehen, können Schüler auf Wunsch ein Ersatzgerät ausleihen. Wir haben 2015 den ersten Tabletkoffer (insgesamt 10 iPad-Minis) als unterstützendes Lehrmittel bekommen. Die Einführung der mobilen Tabletkoffer war auch ein Puzzleteil, welches zur Akzeptanz unter den Kollegen beitrug. So konnten erarbeitete Lehrideen auch in Klassen ohne Tablet umgesetzt werden. 2019 führten wir an unserer Schule ein Ticketsystem ein, mit dem Lehrer technische Probleme unproblematisch melden konnten. Auch hier waren wir vom Grundsatz geleitet, je einfacher es zu bedienen ist, desto schneller findet es Akzeptanz.
Aktuell gibt es an unserer Schule 11 Tabletklassen im gymnasialen Zweig. Insgesamt gibt es an der Herzog-Ernst-Schule Gotha 456 gemanagte Geräte, die sich auf Tabletklassen, Tabletkoffer und Lehrpersonal aufteilen. Hiermit ist längst der durch das Lehrpersonal leistbare Aufwand der Betreuung der Geräte überschritten. Seit 2019 werden wir intensiv seitens des Schulverwaltungsamtes bei der technischen Betreuung der Geräte und des MDM unterstützt. Für uns bleibt trotzdem die Maxime, so schnell wie möglich bei Problemen zu helfen. Dies gelingt nur in enger und unterstützender Arbeit mit unserem IT-Verantwortlichen des Schulverwaltungsamtes.
Etwas schwierig gestaltete sich die Evaluation. So hatten wir zum Start des Projektes mit dem Fraunhofer-Institut in Erfurt einen Partner gefunden, allerdings endete diese Kooperation bereits nach einem Jahr, da Professor Jantke sich beruflich neu orientierte. Auch die Betreuung unseres zweiten Partners mit Frau Zander von der Bauhaus-Uni Weimar war auf die Zeit ihrer Juniorprofessur begrenzt. Hier konnten wir uns auch mit 2 anderen Gymnasien aus Weimar vernetzen. 2021 führten wir dann eine Selbstevolution durch, auch um wichtige Informationen über das Distanzlernen zu erhalten.
Rückblickend lässt sich sagen, dass sich unsere Visionen, Ideen und Strategien aus den Anfängen des Projektes grundsätzlich als tragend heraus stellten, dass sowohl technische Neuerungen, als auch veränderte gesellschaftliche Sichtweisen beachtet und integriert werden müssen. Auf diese Art und Weise wuchs sich ein ursprünglich „kleines“ Projekt zu einer schultragenden Idee.