Foto: Patrick Krug
30.09.2014 - 08:00 Uhr
Wenn die Jugend sagt, was sie beschäftigt, horcht die Politik genau hin: "Kinder reden - Erwachsene hören zu" lautet das Motto des Kindergipfels. Heraus kam ein Zukunftsvertrag.
In der Podiumsdiskussion geht es darum, die Umsetzung der formulierten Forderungen zu besprechen. Jens Krieg vom Schulamt Westthüringen (ganz links) und Landrat Konrad Gießmann stellen sich den kritischen Fragen. Hier werden sie von Dennis Stieding (Reyherschule Gotha), Anne Penchenat (KGS Gotha) und Michael Butkewitz (Arnoldischule) ins Verhör genommen.
Warza. "Kinder reden - Erwachsene hören zu" lautet das Motto in der Nessetalschule in Warza. Es ist Kindergipfel und die jungen Leute haben so einiges zu sagen. Und das wird auch gehört: Von Politikern und Vertretern des Schulamts.
Die werden am vergangenen Samstag mit Dingen konfrontiert, die die Jugend in den Schulen des Landkreises bewegt. Von Mobbing über die Gestaltung und Ausstattung der Schulräume bis hin zu Jugendschwangerschaften und Gewalt an der Schule reichen die Themen. Wobei Letzteres den Jugendlichen besonders am Herzen zu liegen scheint.
Bereits am Freitag treffen sich die 60 angemeldeten Teilnehmer in der Regelschule in Warza. Dort verbringen sie die Zeit bis zum späten Samstagnachmittag mit intensiven Debatten über ihren Schulalltag und alles, was es daran zu verbessern gibt. Zunächst in Workshops, dann im Plenum, beim Speed-Dating mit Kreistagsmitgliedern und in einer Podiumsdiskussion mit Landrat Konrad Gießmann und Schulamtsvertreter Jens Krieg werden die Themen besprochen.
"Zum Speed-Dating haben wir Vertreter aller demokratischen Parteien des Kreistags eingeladen", erläutert Petra Grensemann vom Kreisjugendring, der den Kindergipfel gemeinsam mit der Naturfreundejugend Thüringen und dem Landratsamt ausrichtet.
"Eine großartige Sache ist das für uns", sagt Dennis Stieding von der Regelschule "Andreas Reyher" aus Gotha. Seit mehreren Jahren sitzt er im Jugendparlament des Landkreises und meint, dass es toll sei, die eigenen Wünsche nicht nur zu äußern, sondern auch zu sehen, dass sich daraufhin etwas bewegt. Denn Landrat Gießmann und Schulamtsvertreter Krieg haben das Ergebnis des Kindergipfels - den für zwei Jahre geltenden Zukunftsvertrag - unterschrieben.
Darin festgehalten sind sowohl die Forderungen der Schüler, als auch deren Selbstverpflichtung, an der Umsetzung mitzuwirken. Unter anderem erkennen die Jugendlichen den Bedarf nach einem "Basiskurs Deutsch" für ausländische Kinder. Und das, ehe sie in die Schulen kommen. In Sachen Jugendschwangerschaft wird intensivere sexuelle Aufklärungsarbeit gefordert und dass junge Mütter nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. "Wir nehmen das in unser Beratungslehrerkonzept auf", willigt Jens Krieg zu diesen Themen ein.
Bezüglich fehlender Wasserspender und Schließfächer in einigen Schulen freut sich Konrad Gießmann auf konkrete Hinweise, um welche Schulen es sich genau handelt. Nina-Tabea Franke von der Regelschule Mechterstädt verweist darauf, dass es Schulsozialarbeiter bislang nur an Regelschulen gibt - befristet. Dabei gebe es am Gymnasium genauso Bedarf. Zudem komme die Ausbildung von Streitschlichtern zu kurz.
Die sollen nämlich unter anderem eingreifen, wenn es Gewalt gibt an den Schulen. Als Vorschlag wird Jens Krieg unter anderem das Einrichten eines separaten Unterrichtsfachs unterbreitet, das Gewaltausbrüchen vorbeugen könnte.
Konrad Gießmann meint, die Signale erkannt zu haben, die die Jugendlichen deutlich und ohne Scheu formuliert haben. Für Jens Krieg ist es "großartig, mal wirklich vom Kind aus zu denken". Landtagsmitglied Matthias Hey , ebenfalls beim Kindergipfel zu Gast, habe vieles mitgenommen, dass er den Kollegen im Landtag weitergeben will.
Die Erwachsenen haben zugehört. Nun beginnt deren Arbeit für unser aller Zukunft.
Dazu schreibt Patrick Krug in einem Kommentar:
Die Jugend weiß, was sie will. Gut, dass da auch hingehört wird. Die Themen und Probleme, die die jungen Menschen in den Schulen beschäftigen, haben sicher verschiedene Ursachen. Viele sind allerdings vor allem auf eines zurückzuführen: Lehrermangel.
Dem Schulamt sind die Hände gebunden, Jens Krieg und seine Kollegen können nur so viel machen, wie ihnen angesichts der vom Land zugewiesenen Stellen möglich ist.
Und das Kultusministerium wiederum hängt am Tropf des Finanzministers. Hier macht sich ein Thema auf, das zwar nicht neu ist, sehr wohl aber von der künftigen Landesregierung intensiver behandelt werden muss. Wo es im Detail klemmt, das wissen die Schüler. Man muss sie nur fragen.